Keine Frage, die wollen es wissen! Diesen Eindruck könnte man bekommen, wenn man die spanischen Medien in diesen Septembertagen verfolgt, über die erst die Geschichte urteilen wird, ob sie als historisch oder doch eher als hysterisch einzuordnen sein werden.
Wer hat angefangen? Die ewige, alte Schuldfrage, heute so aktuell wie eh’ und je…
War es das „Estatut“? War es das Oberste Gericht? War es doch bereits der spanische Erbfolgekrieg? Oder liegt es gar am Unterschied der arabischen Gene der Spanier zu den gotischen Genen der Katalanen? Tatsache ist, dass Artur Mas, der Präsident der Autonomie Katalonien in seinem Parlament diese Woche öffentlich angekündigt hat, notfalls die spanische Verfassung zu brechen, wenn er nicht bekommt was er will! Das ist Nötigung, Erpressung und die Ankündigung einer Straftat.
Das konnte nicht unbeantwortet bleiben, wenn Spanien seinen Staat, seine Verfassung und dessen Organe nicht der Lächerlichkeit preisgeben will. Zuerst hat der reale Elefantenjäger schnell aber unzuständigerweise reagiert. Dann haben sich Militärverbände rechtlich unzulässig positioniert, die geistig im Sumpf des Franquismus stecken geblieben sind.
Jetzt hat Rajoy seine Vize-Präsidentin auf den rebellischen Katalanen Artur Mas antworten lassen. Diese hat ihm ein Abfuhr erteilt, wozu die Regierung Rajoy drei Tage brauchte!
Ihre Antwort war so einfach, wie klar und einleuchtend: Mas kann die Katalanen nicht rechtswirksam über Dinge abstimmen lassen, die außerhalb seiner Kompetenzen liegen.
Tut er es dennoch, ist die Abstimmung „per se“ ungültig!
Zur Änderung der spanischen Verfassung müssten alle Spanier sich an einem entsprechenden Referendum beteiligen und alle Spanier müssten sich dem Ergebnis eines solchen Referendums unterwerfen. Das ist eine hohe Hürde und trotzdem der einzige Weg, diesen Punkt friedlich zu lösen. Wenn Mas es hingegen weiterhin trotzig „mit dem Kopf gegen die Wand“ versucht, riskiert er in letzter Konsequent seine Entmachtung, seine Absetzung oder gar den Einsatz des spanischen Militärs. Da gibt es sicher noch einige Eskalationsstufungen bevor es zu einem Bürgerkrieg, einem Sezessionskrieg kommt, aber auch ein solcher wäre letztlich nicht unmöglich.
Der spanische Bürgerkrieg und der Francismus sind noch immer weitgehend tabuisiert und unaufgearbeitet in Spanien. Diese Dinge wurden als Vorbedingung zu Beginn der Demokratisierung unter den Teppich gekehrt. Dort liegen sie noch immer. Sie dürfen nicht einmal mit rechstaatlichen Mitteln aufgearbeitet werden, fragt den Richter Baltasar Garzón dazu…
Dies sind in groben Zügen die Ausgangspositionen dieser Diskussion. Das tägliche Gegacker der Parteipolitiker aller Seiten und Richtungen des politischen Spektrums, dienen dagegen eher der Profilierung und Verwirrung.
Wie ist die Lage im katalanischen Parlament:
Das Parlament de Cataluña hat Gestern eine Volksabstimmung in der nächsten Legislaturperiode vereinbart über die Selbstbestimmung der Katalanen. Diese Vereinbarung spricht nicht von der angestrebten Form der Selbstbestimmung, also ob man einen Fiskal-Pakt, ein Katalonien in einem föderalen spanischen Staat, oder den völligen Bruch und einen unabhängigen Staat Katalonien anstrebt. Auch wird kein konkreter Termin dafür genannt und eine volle Legislaturperiode dauert vier Jahre! Für diesen weichgespülten ausverhandelten Kompromiss, der eher auf die bevorstehenden Wahlen in Katalonien abzielt, stimmten 84 der 135 Abgeordnete des Katalanischen Parlamentes (CiU, ICV, ERC und Solidaritat), die Sozialisten der PSC enthielten sich der Stimme (25 Stimmen) und die Opposition der PPC (18 Stimmen) und der Ciutadans (3 Stimmen) stimmten gegen diesen Antrag.
Man kann also wohl mit Fug und Recht diese Resolution als eine Mogelpackung bezeichnen, die letztlich nur Wahlkampfzwecken dient und mit denen die katalanischen Wähler getäuscht werden sollen. Konsequenterweise hätten auch die Sozialisten der PSC gegen diesen Antrag stimmen müssen. Mas versucht sich einen Freibrief an den Urnen zu erschleichen, ein Wählervotum abgegeben auf der Basis verschwommener, unkonkreter Freiheits- und Minderwertigkeitsgefühle, des Geizes und der Ablehnung Restspaniens.
http://politica.elpais.com/politica/2012/09/27/actualidad/1348764665_216168.html
http://ccaa.elpais.com/ccaa/2012/09/25/catalunya/1348575206_207361.html
Fiktiver Dialog in katalanischer Sprache, für meinen Blog ins Deutsche übersetzt:
„Vorsicht, Artur, da vorne kommt uns der Galizische TAV von Mariano mit 260km/h auf unserem Gleis entgegen!“
„Macht nichts, unser katalanischer Regionalexpress fährt sogar 280km/h!“
„Artur, ich glaube da vorne auf der Lok sehe ich Mariano stehen? Er schwingt ein Kriegsbeil in der Hand!“
„Keine Sorge, ich habe auch mein Kriegsbeil dabei, aber meine Klinge ist zusätzlich vergiftet!, he, he, he!“
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