US-Kongressabgeordnete fordern Referendum in Gibraltar!

1. Oktober 2014

Acht Abgeordnete des US-Kongresses unterstützen eine Resolution, die für die Britische Kronkolonie Gibraltar das Selbstbestimmungsrecht(!) fordert. Der Affenfelsen am nördlichen Eingang des Mittelmeeres ist ein ewiger Zankapfel zwischen den EU- und NATO-Partnern der USA, den Monarchien United Kingdom und dem Königreich Spanien.

Das Referendum soll aber nur in eine Richtung führen, nämlich den Status Gibraltars vom aktuellen Status einer Britischen Kronkolonie auf den höheren eines Britischen Übersee-Territoriums zu verändern und das Steuer-, Spieler- und Schmugglerparadies so zum festen Teil des UK zu machen und Spaniens Ansprüche endgültig abzuweisen!

Als Begründung geben die Herren US-Kongressabgeordneten die strategische Bedeutung der Halbinsel an, speziell bei der aktuellen Lage in Nordafrika und dem Nahen Osten, sowie die Tatsache, dass die US-Navy dessen Hafen zahllose Male genutzt habe und das UK der „treueste Verbündete der USA überhaupt“ sei.

Mit keiner Silbe erwähnt wird in diesem Antrag Spanien. Spanien ist über die NATO ebenfalls ein enger Verbündeter der USA, der diesen permanent Häfen und Flughäfen in viel größerem Maßstab zur Verfügung stellt, als Gibraltar dies je könnte!

Für eine spanische Regierung stellte sich so zwangsläufig die Frage nach dem Verbleib der US-Marine und -Marineflieger auf spanischem Territorium in Rota, Andalusien. Hier unterhalten die USA seit 1953 auf Basis eines mit dem Diktator Franco in Vor-NATO-Zeiten geschlossenen Vertrages einen 23km2 großen Marine- und Marinefliegerstützpunkt, der zu 80% von den USA belegt wird. Hier ist seit Februar 2014 der modernste Lenkwaffen-Zerstörer der Aegis-Klasse zur Raketenabwehr und Unterstützung der VI. Flotte im Mittelmeer stationiert, sowie U-Boote, RoRo-Schiffe und Kommunikationseinrichtungen (http://de.wikipedia.org/wiki/Marinebasis_Rota). In Torreta de Guardamar am Mittelmeer unterhält und betreibt die US-Navy, ferngesteuert aus Rota, einen Längstwellensendemast zur Kommunikation mit getauchten U-Booten, der das höchste Gebäude Spaniens und das zweithöchste Gebäude Europas darstellt. Spanien ist also gewiss nicht von geringerem strategischen Wert als der Affenfelsen? Wenn da nicht diese engen, nordatlantischen „USA-liebt-UK-Gefühle“ wären…

Bisher hat sich die US-Regierung in der Frage Gibraltar strikt neutral verhalten. Dies könnte sich jetzt ändern? Das Procedere sieht vor, dass die Resolution von einem Kongress-Gremium „auf Herz und Nieren“ geprüft und im positiven Fall als Antrag dem US-Kongress vorgelegt wird und dort zur Abstimmung kommen wird.

Die website „GovTrack.us“, die systematisch allen Initiativen, Aktivitäten und Abstimmungen des US-Kongresses folgt, sieht eine Wahrscheinlichkeit von 21% für das Zustandekommens dieses Antrages. Das ist größer als 1:5 und viel größer als die Chance auf einen Lotto-Hauptgewinn von 1:140 Millionen…

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Zur Vertiefung der Freundschaft der NATO-Alliierten USA und Spanien der folgende Clip (ohne Garantie seiner Echtheit):

Radio conversation between a US navy ship and the north west of Spain, with English subtitles. Enjoy!
Conversación de radio entre un barco americano y la costa de Galicia, España


And the winner is, Erdogan!

6. Februar 2011

Der Machtverlust von Hosni Mubarak in Ägypten lässt als letztes Schwergewicht in der Region den Türken Recep Tayyip Erdogan erscheinen. Es scheint, als flösse die Macht geradezu auf direktem Wege von Ägypten in die Türkei! Dabei mag dieser Prozess reversibel sein, aber solange Ägyptens Schwäche andauert, wird die Türkei stärker werden, oder zumindest stärker erscheinen.

In Verbindung mit dem abscheulichen Schauspiel von „Realpolitik“ der Demokratie-Heuchler des Westens, wird es aber für Erdogan im Interesse seiner Glaubwürdigkeit notwendig werden, sich noch ein wenig mehr vom Westen abzusetzen, zumindest verbal…

Im Grunde sieht Erdogan aber auch klar, was von dem ganzen Demokratiegerede der EU zu halten ist, nämlich wenig bis nichts! Es gibt dort Millionen Arbeitslose, Millionen unterbezahlte Lohnsklaven, soziale und steuerliche Ungerechtigkeiten, kriegerische Abenteuer die nur scheinbar politisch legitimiert sind in dieser EU. Bei der „Germanisierung der Wirtschaftspolitik“ der EU ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis es Hunger-Unruhen auch in Europa geben wird. Rente ab 67 Jahren, Abkoppelung der Rente von der Inflationsrate, Lohndruck durch Import von (Leih-?)Arbeitskräften von der Peripherie in die Wirtschaftszentren. Wir gehen „lustigen Zeiten“ entgegen, soviel ist sicher!

Was hätte die Türkei von einer solchen EU noch zu gewinnen? Welchen Preis hätte sie für ihren Beitritt zu bezahlen? Ich bin mir ziemlich sicher, diese Berechnungen wurden in Ankara längst angestellt! Nach der Freigabe des deutschen Arbeitsmarktes für EU-Ausländer ab Mai diesen Jahres wird es einen Run auf die verfügbaren Jobs geben. Spanische Akademiker stehen seit vergangener Woche in den Startlöchern. Auch Polen, Tschechen und Slowaken haben ihre Vorbereitungen getroffen. Der Zug für die Türkei scheint definitiv abgefahren und dabei sind diverse Kapitel der Beitrittsverhandlungen noch nicht einmal eröffnet.

Aber im Nahen und Mittleren Osten, in Zentralasien und Nordafrika hat die Türkei zunehmend bessere Chancen als Alternative zur EU. Sie müsste sich dort ähnlich positionieren wie die Chinesen es tun: Pragmatisch statt dogmatisch und vor allem ohne hohles, leeres Demokratiegewäsch!


Nordafrikanischer Dominoeffekt: Greifen die Unruhen über?

17. Januar 2011

Theoretisch könnten sich die Unruhen von Tunesien ausgehend auf die gesamte Südostküste des Mittelmeeres ausbreiten. Daraus könnte im ungünstigsten Falle ein Flächenbrand unter den arabischen Völkern entstehen. Zwar ist es nicht schade um jeden Diktator der aus dem Amt verschwindet, aber es müsste dann auch ein einigermaßen funktionierendes, demokratisch legitimiertes System folgen, sonst kämen die Menschen nur vom Regen in die Traufe!

Nun scheint Israel die Lage dazu zu nutzen, den status quo bei den stockenden Friedensgesprächen mit den Palästinensern einzufrieren, zu zementieren mit dem treuherzig vorgetragenen Argument, dass man ja nicht wissen könne, ob diese labilen Systeme Vereinbarungen überhaupt langfristig einzuhalten in der Lage wären. (HAARETZ berichtete gestern. Siehe dazu den vorigen Artikel in diesem Blog.)

Anscheinend waren die Europäer genauso unvorbereitet von der Entwicklung wie die arabischen Diktatoren selbst? Europa muss ein vitales Interesse daran haben, dass an seiner Südgrenze stabile wirtschaftliche, soziale und politische Verhältnisse herrschen. Einen oder mehrere Bürgerkriege, soziale Unruhen die Flüchtlingsströme auslösen könnten und wohl auch würden, wären das letzte, was die EU sich wünschen könnte. Das Mittelmeer stellt keine ernsthafte Grenze mehr dar. Das zeigen die konstanten Flüchtlingsströme der letzten Jahre nach Spanien, Italien und Griechenland. Einem Ansturm verzweifelter Menschenmassen hätte Europa nichts entgegen zu setzen…

Wem also könnte die Lage nützen? Zunächst einmal den Menschen, die ihre Diktatoren zum Teufel gejagt haben! Die Frage ist, was kommt danach? Militärs, Islamisten, Gotteskrieger, Demokraten? All dies hat unmittelbaren Einfluss auch auf den Nahost-Konflikt, mittelbar auf den Konflikt mit dem Iran und womöglich auf die Entwicklung des Islams als politische Kraft. Nützt die Lage Israel? Nicht notwendigerweise, trotz der schnellen Reaktion Netanyahus von gestern! Aber man darf dabei nicht vergessen, dass Israel zu den meisten dieser Diktatoren inoffizielle Beziehungen verschiedenster Art unterhielt, mit dem Ergebnis, dass diese Länder stillhielten im Nahost-Konflikt egal ob sie dies aus Einsicht, Vorsicht, Klugheit oder Korruption taten.

Von der Vorsicht und Klugheit der Beteiligten wird es abhängen, ob sich diese Staaten in Demokratien transformieren lassen, oder ob sich die Massen radikalisieren, was im Ergebnis auf den „Clash of civilizations“ hinauslaufen könnte. Dann stünde sicher die NATO bereit, „Gewehr bei Fuss“ sozusagen, um entsprechend ihrer neuen Doktrin, dem Westen die Energieversorgung zu gewährleisten.