Türkei: Hat Fidan, oder hat er nicht?

4. November 2013

Vor einigen Wochen erst gab es die „Medienkampagne“ aus den USA, die Hakan Fidan, den Chef des türkischen Geheimdienstes MIT, der übergroßen Nähe zum Iran beschuldigte und ihm vorwarf für Israel spionierende Iraner an die Iraner verraten zu haben. Dies wurde als Hintergrund der verschlechterten Beziehungen zu Israel genannt, mehr noch als die Kaperung der Mavi Marmara in Internationalen Gewässern und die Ermordung von 9 türkischen Passagieren.

Dieser Vorwurf wurde vom türkischen Außenminister, vom Premierminister und vom Präsidenten, die sich schützend um Fidan stellten,  als Medienkampagne, womöglich ausgelöst durch Israel selbst, abqualifiziert.

Jetzt lobt der iranische Botschafter in der Türkei Alireza Bigdeli genau diese sehr, sehr guten Geheimdienstbeziehungen zwischen Iran und der Türkei. Das aber war doch genau der Kern des Vorwurfs der US-Medien. Also was nun, eine Medien-Kampagne oder eine exakte, zutreffende Berichterstattung?

Wenn die Türkei eine gute Zusammenarbeit mit der CIA und dem Mossad pflege, dann seien gute Geheimdienstkontakte mit dem Nachbarn und Bruder Iran das Normalste von der Welt, so Botschafter Bigdeli.

Auf die vorgeworfene Enttarnung der Mossad-Spione, ging er nicht ein. Er sei erst sieben Monate in der Türkei. Dieser Vorfall läge weiter zurück, vor seiner Zeit. Dazu könne er nichts sagen. Die türkischen und iranischen Geheimdienste hätten aber kürzlich bei der Befreiung der türkischen Piloten im Libanon und den Geiseln in Syrien erfolgreich kooperiert.

Die Türkei und Iran hätten Beziehungen auf vielen verschiedlichen Ebenen und in unterschiedlichster Art. Es sei falsch anzunehmen, dass eine unterschiedliche Betrachtung der Syrien-Frage, die engen, warmen türkisch-iranischen Beziehungen beeinträchtigen würde.

Nun, nach dieser Klarstellung sollte man diese speziellen Beziehungen zum Iran bei allen, die Türkei betreffenden Fragen – auch beim Thema EU – im Hinterkopf berücksichtigen…


Verriet Hakan Fidan israelische Spione im Iran?

17. Oktober 2013

Vor ein paar Tagen nahm die US-Presse den Chef des türkischen Geheimdienstes Hakan Fidan aufs Korn und hinterfragte seine Rolle als Verbündeter. Unter anderem habe er vertrauliche Information quasi als Antrittsgeschenk an den Iran weitergeleitet um mit diesem ins Geschäft zu kommen. Ein Feind des Iran sei er wahrhaftig nicht, so hieß es damals sybillinisch.

Jetzt legt David Ignatius in seiner Kolumne in der WAPO nach und wurde konkreter:  Anfang des vorigen Jahres seien die Israelisch-türkischen Beziehungen so vergiftet gewesen, dass die türkische Regierung des Recep Tayip Erdoğan die Identität von zehn israelischen Spionen im Iran an Teheran verriet, die sich in der Türkei mit ihren Führungsoffizieren vom Mossad zu treffen pflegten.

Trotz der späten israelischen Entschuldigung für die Kaperung der Mavi Marmara, bei der neun Türken von Israelischen Kommandos ermordet wurden, scheint der tiefe Streit zwischen Netanyahu und Erdoğan nicht gelöst zu sein. Die Entschädigungsfrage für die Angehörigen der Ermordeten ist ebenfalls noch nicht gelöst.

MIT-Chef Hakan Fidan ist den Israelis ebenfalls suspekt wegen seiner guten Beziehungen zum Iran. Vor einigen Jahren beschrieben ihn Mossad-Leute gegenüber der CIA gar als „den Stationsleiter des iranischen Geheimdienstes MOIS in Ankara“!

Die USA verkehren trotzdem mit ihm in hoch sensiblen Fragen.
Sie betrachten den Verrat der israelischen Spione ganz pragmatisch als konkrete Vergeltung für die Mavi Marmara und nicht als Zeichen der generellen Verschlechterung der Beziehungen zwischen ihren beiden Hauptverbündeten im Nahen Osten.

Der Milli Istihbarat Teskilati, kurz MIT, hatte die israelischen Aktivitäten in der Türkei überwacht und konnte dem Iran leicht die entsprechende Information „zukommen lassen“.

Damit endete vermutlich eine geheime Sicherheitspartnerschaft die seit den 50er Jahren bestand. Ironischerweise wurden in der Vergangenheit sowohl Türken als auch Iraner von israelischen Geheimdienstlern ausgebildet.

Wenn jüngst also medial Fidan geprügelt wird, dann ist vermutlich Erdoğan gemeint. Es wird auch behauptet, dass Fidan radikale islamistische Rebellen in Syrien bewaffne.

David Ignatius meint, im Nahen und Mittleren Osten würden gegenwärtig die Karten neu gemischt und es würden – offen oder verdeckt – alte Allianzen beendet und neue Verbündete gesucht.

http://www.washingtonpost.com/opinions/david-ignatius-turkey-blows-israels-cover-for-iranian-spy-ring/2013/10/16/7d9c1eb2-3686-11e3-be86-6aeaa439845b_story.html


Welches Spiel spielt Hakan Fidan? USA hinterfragen türkischen Geheimdienstchef!

12. Oktober 2013

Ist er ein getreuer Diener Erdoğans oder spielt der zweitmächtigste Mann der Türkei sein eigenes Spiel? Das WSJ schreibt, dass sich die USA bei Erdoğans (und Fidans) Besuch im vergangenen Mai in Washington sehr unverblümt, offen und direkt über die anscheinend wahllose, undifferenzierte Unterstützung und Bewaffnung syrischer Rebellen durch die Türkei beschwerten.

Im Zentrum des US-Unbehagens steht der türkische Geheimdienstchef, der seit seinem Dienstantritt vor drei Jahren  einen zunehmend eigenmächtigen, unabhängigen Kurs als selbstbewusster Regional-Player fährt. Das löst Irritation, Ärger, Verwunderung, aber durchaus auch heimlichen Respekt bei den USA aus. So wird ihm u.a. vorgeworfen vertrauliche westliche Geheimdienstinformation an den Iran weitergeleitet zu haben, vermutlich zwar nur um mit den Ajatollahs „ins Geschäft zu kommen“, aber als Feind des Irans gilt er damit in den USA jedenfalls nicht!

Im Syrien-Konflikt spielen neben den USA, Russland und möglicherweise(?) China vor allem drei regionale Geheimdienstler eine entscheidende Rolle. Neben Hakan Fidan, dem Türken, sind dies Prinz Bandar bin Sultan al-Saud, aka „Bandar- Bush“, der Saudi und Generalmajor Qasem Soleimani, Oberkommandierender der al-Quds Forces, der Iranischen Revolutionsgarden. Israel sei bei dieser Aufzählung außen vor;-)

Normalerweise hätten die USA die Türkei in einem solchen Konflikt auf ihrer Seite gesehen, erleben aber nun, dass diese eine eigenständige Rolle übernimmt, die teilweise im direktem Gegensatz zu den US-Interessen steht. So dringt die Türkei auf ein stärkeres Eingreifen in Syrien und will Assad stürzen. Sie leistet den Rebellen sehr weitgehende logistische Unterstützung und ein sicheres Refugium auf türkischem Gebiet. All dies werde vom MIT organisiert. Die Türkei unterstütze dabei sowohl die Moslem-Brüder als auch radikale Islamistengruppen, wenn diese sich im Gegenzug gegen die syrischen Kurden stellten.

Die USA sehen das differenzierter. An islamistischem Chaos wie in Lybien haben sie derzeit wenig Interesse. Auch Israel, das zumindest nach aussen keine Rolle im Syrien-Konflikt vor seiner Haustür spielt, kam jahrelang wunderbar mit Assad zurecht. Am Golan wurde jedenfalls nicht geschossen! Die ein, zwei israelischen Luftangriffe auf Syrien blieben ohne Konsequenzen. Ob Israel einen immerhin berechenbaren Assad, unberechenbaren, kannibalisierenden, islamistischen Mörderbanden vorzieht, das darf zumindest vermutet werden?

Das Treffen im Mai 2013 kam zu Stande, weil die USA zunehmend besorgter wurden über die türkische Politik bezüglich Syriens, Israels und der Pressefreiheit. Obama wollte den Türken klar machen, dass er zwar eine enge Beziehung zur Türkei wünsche, dass aber nicht alle Rebellen in Syrien gute Rebellen seien! Die Türkei änderte ihre Politik aber erst, nachdem es an der türkischen Grenze gefährlich und beinahe unkontrollierbar zu werden begann. Für diesen Umstand wiederum schoben die Türken den USA die Schuld in die Schuhe, denn die armen Rebellen fühlten sich vom Westen verlassen, verraten und verkauft…

Die amerikanische Kritik richtet sich gegen Hakan Fidan, der als treuer Ergebener Premierminister Erdoğans gilt. Die Publizierung dieser Kritik und der Zweifel an Fidan im WSJ hat zwei Ziele. Einerseits müsste Erdoğan nun entweder seinen Untergebenen zur Rechenschaft ziehen, falls dieser eigenmächtige Ziele verfolgte. Andererseits müsste Erdoğan sich hinter seinen Untergebenen stellen, falls dessen Agieren der offiziellen türkischen Politik, also der Erdoğans entspricht. In beiden Fällen würde dies zur Klärung der Verhältnisse beitragen, ohne dass die USA Erdoğan selbst direkt angegriffen hätten. Eine dritte Möglichkeit wäre, dass Erdoğan einen Rückzieher macht und Fidan als „Bauernopfer“ opfert zur Gesichtswahrung.

Weder Fidans noch Erdoğans Büros wollten zu entsprechenden Anfragen der WSJ Stellung nehmen.

Zuletzt war Hakan Fidan im September mit CIA-Director Brennan und NSA-Director Clapper zusammen getroffen. Über den Inhalt dieser Treffen wurde (bisher) nichts bekannt. Obwohl Fidan teilweise gute Beziehungen zu seinen westlichen Counterparts aufgebaut habe sei denen immer klar gewesen, dass er die Welt mit anderen Augen, aus anderer Perspektive betrachte.

Der in den USA akademisch ausgebildete Fidan gilt als hunderprozentiger Mann Erdoğans und als zweitmächtigster Mann der Türkei. Seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren hat er den türkischen Geheimdienst MIT nach Erdoğans Vorstellungen umgestaltet. 2012 übernahm er zusätzlich die Kontrolle über den einst allmächtigen Militärgeheimdienst der Türkei. Gleichzeitig wurde das türkische Militär durch Mammuth-Prozesse in einer Art und Weise praktisch enthauptet, die einer stalinistischen Säuberung (bis auf die fehlenden Todesurteile!) in Nichts nach stand!


Erdogan lässt Obama zappeln!

20. September 2011

Obwohl die USA auf eine zügige Implementierung der Vereinbarung über das Nicht-gegen-Russland-gerichtete-NATO-Raketen-Vorwarn-Radarsystem dringen, hat Erdogan beschlossen, damit bis zu seiner Rückkehr von der UN-Vollversammlung aus New York in der kommenden Woche zu warten und den mächtigsten Ohnmächtigen der Welt einstweilen zu vertrösten!

http://www.hurriyetdailynews.com/n.php?n=missile-approval-left-till-after-key-us-visit-2011-09-19

Das Memo Of Understanding, die Absichtserklärung, die in der vergangenen Woche zwischen nachgeordneten Stellen der Türkei und den USA unterzeichnet worden ist, sei dem Kabinett bisher nicht vorgelegt worden, heisst es in Ankara dazu.

Die Radaranlage des Typs U.S. AN/TPY-2 (X-band), als ein Teil des von Polen bis in die Türkei reichenden US-Raketenschirmes  gegen Raketenbeschuss aus dem Iran (hahaha, wer’s glaubt…), soll in Kürecik in the zentralanatolischen Provinz Malatya errichtet werden.

Eine schnelle Inkraftsetzung des Deals sei notwendig um die technischen Anlagen bis Jahresende zu installieren, wie es die USA verlangen. In Rumänien und Polen sollen die Installationen bis 2015 bzw. 2018 betriebsbereit sein.

Die Türken wollen gleichzeitig den wachsenden iranischen Argwohn über diesen Raketenschutzschirm zerstreuen. Der neue MİT-Chef Hakan Fidan,  „der mit den Kurden spricht“, soll Erdogan im Iran den Weg bereiten.

Andererseits sichert ein Offenhalten dieses Vertrages Erdogan bei Obama ein Mindestmaß an Freundlichkeit, Interesse und Aufmerksamkeit wenn die beiden in New York auch auf das Thema Israel zu sprechen kommen sollten!