Wer kümmert sich um die grassierende Korruptions-Epidemie?

24. Oktober 2014

Das fragen sich Irene Lozano und mit ihr Millionen Menschen in Europa, ja auch in Spanien, das einem aktuellen spanischen Witz zu Folge derzeit beinahe italienische Zustände erlebt!

Ebola ist in aller Munde, aber die Korruption ist für eine Gesellschaft sicher nicht minder gefährlich?

Lozano bezeichnet die Korruption als größte Gefahr für die spanische Demokratie seit dem 23-F, dem letztlich gescheiterten Militärputsch-Versuch des Obristen Tejero…

Die Gesellschaft zersetze sich, löse sich auf, während die Korrupten unbehelligt blieben, das Land vor die Hunde gehe, die Wirtschaft paralysiert würde und eine politische Dauerkrise herrsche! Nein, Lozano redet nicht von Italien, um bei dem Witz zu bleiben, die meint doch tatsächlich Spanien!

Aber was erwartet man von einer Partido Popular-Regierung deren oberste Repräsentanten bis hin zum Ministerpräsidenten Mariano Rajoy Brey* monatliche Bargeldumschläge von der Partei PP erhielten? *(Die habe er in seiner Steuererklärung brav angegeben, behauptet er. Belegen will er das mit Hinweis auf das Steuergeheimnis aber nicht!)

Die haben einfach ihren Ex-Schatzmeister Luis Bárcenas eingelocht, als aus dem Ruder gelaufenen Einzeltäter bezeichnet und hoffen so, weitere Enthüllungen unter der Decke zu halten! Wie lange sitzt Bárcenas eigentlich schon in U-Haft? Ist diese in Spanien zeitlich begrenzt?

Die Schwarzen Kreditkarten, die wie mit der Gießkanne von den Banken über die wirtschaftlichen, politischen und gewerkschaftlichen Entscheider ausgeschüttet worden sind, zu deren freien Verfügung, was sich so manches Schlitzohr bis zu 500.000€ zusätzlichen Schwarzgeldes pro Jahr kosten ließ, sind ein weiteres Beispiel grassierender Korruption!

Einige Edel-Puffs, Bars und Night-Clubs in Madrid und Umgebung, sowie Luxusläden und Reisebüros lebten prächtig davon. Die geretteten Banken drückten diese Kosten einfach irgendwie weg…

Schlechtes Gewissen der Ertappten, eine Spur von Reue gar? Iwo!

„Wir haben die Kreditkarten von der Direktion der Bank bekommen. Sie waren in Höhe und Art der Verwendung nicht limitiert und da haben wir uns halt gedacht, dass das alles ganz legal sei!“

Klar, Weihnachten ist jeden Tag, das weiss doch ein Jedermann, oder?

Kreditinstitute, die Entscheidungsträger mit einem solchen Platzregen von Plastikkarten überziehen, denken sich nichts dabei?

Vielleicht ist das ganze Separatismus-Theater nur ein Ablenkungsmanöver dert hochkorrupten politischen Kaste in Madrid und Barcelona?

Anstatt sich öffentlich zu beschimpfen, könnten die handelnden Protagonisten, die sich über zwei, drei „beste Freunde“ alle sehr gut kennen, ihre realen Probleme unter vier Augen ausdiskutieren, das Land Einen und voran bringen, aber das scheint momentan nicht gewollt zu sein, warum?


Bretagne: Gewerkschaften mobilisieren nur halb soviel Demonstranten wie die Rotkäppchen!

24. November 2013

Am Sonnabend fanden in der Bretagne dezentral mehrere Kundgebungen statt, die von sieben Regionalgewerkschaften durchgeführt worden sind. Sie erreichten nach wohlwollenden Schätzungen mit 13.000 zu 30.000 Teilnehmern nur knapp die Hälfte an Mobilisierung, wie es der von einem bürgerlichen Mitte-Rechts-Konglomerat durchgeführten Rotkäppchen-Demo Anfang November gelungen war.

Vielleicht spielte dabei die Dezentralisierung auf mehrere Kundgebungsorte eine negative Rolle?

Dem Aufruf der sieben Regionalgewerkschaften, CFDT, CGT, Solidaires, CFTC, Unsa, CFE-CGC und FSU, folgten in Rennes 3.000, in Saint-Brieuc (Côte-d’Armor), 2.000,  in Lorient (Morbihan), 3.000 und bis zu 5.000 Menschen demonstrierten auf den Straßen von Morlaix (Finistère) am Nachmittag.

Wenn diese Demos der Abgrenzung zu den Rotkäppchen galten, dann waren sie ein Erfolg, denn rote Mützen gab es nicht an diesem Samstag in der Bretagne. Sie werden sich erst wieder in einer Woche, am 30. November auf den Straßen zeigen.

Umgekehrt wird natürlich auch ein Schuh draus: Wenn die Rotkäppchen sich aber nicht an den Demos für höhere Gehälter beteiligen, wessen Interesse dienen sie denn dann primär und wer beteiligt sich sozusagen als Alibi-Gewerkschaft an ihren turbulenten Demonstrationen?

Die Rotkäppchen selbst argumentieren damit, dass sie ein Verbund quer durch die bretonische Gesellschaft seien, wozu auch Handel- und Gewerbetreibende, Kleinunternehmer, Bauern und Mittelständler gehörten und nicht nur abhängig Beschäftigte…


Franco 2.0, oder wie Rajoy Spanien auf PP-Linie bringt!

23. Juni 2013

Eine große Tageszeitung aus Madrid schreibt heute, dass keine Regierung in den Zeiten der Demokratie so mächtig gewesen sei wie die PP-Regierung des wegen seines etwas tollpatschigen Auftretens gerne unterschätzten Mariano Rajoy.

Seine Regierung kam durch demokratische Wahlen und zahlreiche gebrochenen Wahlversprechen ganz legal an die Macht und verfügt heute über Mehrheiten im Kongress, dem Senat und in 11 von 17 Autonomien und Comunidades sowie in der Mehrheit der Rathäuser Spaniens.

Das genügte Rajoy aber noch nicht und so reformierte er zügig die Justiz, beraubte sie ihrer Unabhängigkeit und brachte sie auf PP-Parteilinie. Kein Regierungschef vor ihm hat derart konsequent neutrale, angesehene, parteiübergreifende Persönlichkeiten gegen stramme PP-Funktionäre ausgetauscht.

Im Prinzip wird damit die juristisch-unabhängige Kontrolle der Regierung ausgehebelt und wie zu Francos Zeiten auf Linie gebracht. Seit etwa eineinhalb Jahre an der Macht und gleich lange im demoskopischen Niedergang, hat Rajoy in aller Stille systematisch seine institutionelle Macht ausgebaut und jedmögliche Machtbalance in Spanien unmöglich gemacht.

Die PP hat mit 900.000 Mitgliedern mehr als doppelt so viele wie die PSOE mit 400.000 Mitgliedern. Nur noch ganze 15 Provinzhauptstädten des Landes regieren die Sozialisten, im Rest hauptsächlich die Partido Popular. Die PSOE ist derart ausgelaugt, dass sie sich Rajoy noch an den Hals wirft, anstatt Opposition zu betreiben, die diesen Namen verdiente. Deutschen müsste das eigentlich ziemlich bekannt vorkommen?

Frühere Regierungschefs achteten darauf angesehene Persönlichkeiten des Landes oder durchaus auch geeignete Mitglieder anderer Parteien bei der Vergabe von Ämtern zu berücksichtigen. Bei Rajoy zählt vor allem das richtige Parteibuch! So hat er in aller Stille in den letzten eineinhalb Jahren die Institutionen Spaniens bis hin zum staatlichen Rundfunk und Fernsehen auf PP-Parteilinie gebracht.

Wer ist eigentlich die Opposition in Spanien, die PSOE, die Gewerkschaften? Deutschen müsste auch das eigentlich ziemlich bekannt vorkommen?


Spanien: Streik – eine stumpfe Waffe?

23. September 2012

Am Beispiel des Baskenlandes möchte ich – ohne zu sehr ins lokale Detail zu gehen – einige Dinge anmerken, die vielleicht andernorts durch Gewerkschafter bestätigt, einen Trend, eine Tendenz erkennen lassen?

Das Baskenland wird Tag für Tag ein Stück ärmer. Die Menschen verlieren hart erkämpfte soziale Errungenschaften der letzten dreissig Jahre. Die zunehmende Verschärfung der Arbeitskonditionen und die schleichende Verarmung der unteren und mittleren Einkommensschichten haben NICHT mehr Menschen auf die Straße gebracht, das Gegenteil ist der Fall!

Im Vergleich zum Jahr 2010 sanken in 2011 die Anzahl der Streiks um 19,5 Prozent, oder ein Fünftel. Die Anzahl der Teilnehmer an den Streiks halbierte sich (-51,1 Prozent). Die Anzahl der durch Streiks verlorenen Zeit sank gar um 53,2 Prozent. Die gesamten Streiks haben, gemessen durch den verlorenen Zeitanteil am Bruttoinlandsprodukt PIB, etwa 24 Millionen Euro gekostet. Das kratzt weder den Staat noch die Unternehmen!

Es gibt im Baskenland 160.000 Arbeitslose, 500.000 Beschäftigte ohne gültige Tarifvereinbarung und 60.000 Menschen die Sozialhilfe beziehen.

Das genügte nicht, um alle Gewerkschaften vereint und koordiniert handeln zu lassen! Lediglich zu einem Streik konnten die vier großen Gewerkschaften ELA, LAB, sowie CC OO und UGT seit 2009 gemeinsam aufrufen, denn sie dann aber dann am 29. März 2011 in zwei Blöcke getrennt durchführten.

So werden am kommenden Mittwoch wieder ELA und LAB einen Generalstreik im Baskenland und dem angrenzenden Navarra durchführen an dem sich die Gewerkschaften CC OO und UGT nicht beteiligen werden.

Der Generalsekretär der ELA, Adolfo Muñoz sagte, der spanische Ministerpräsident Rajoy wolle nicht nur die die Arbeits- und Sozialrechte zerstören sondern dem Land auch seine neoliberale Ideologie aufzwingen.

Sein Kollege von der LAB, Ainhoa Etxaide findet, dass eine Wirtschaftsdiktatur eingerichtet werden soll, in der eine kleine Elite diktiere und dass die jetzt aufgezwungenen Reformen keinen Ausweg aus der Krise böten, sondern in eine rechtlose Zukunft führen würden.

Kleine Gewerkschaften wie die ESK, Stee-Eilas, EHNE, Hiru, CGT y CNT schlossen sich dem Generalstreik an.

Die Gewerkschaften CC OO und UGT reden indessen über einen Generalstreik im Dezember, möglichst auf europäischer Ebene…

http://ccaa.elpais.com/ccaa/2012/09/22/paisvasco/1348333027_255931.html


Spanien: Wie man pragmatisch mit Streiks umgeht!

17. September 2012

Spanien: Landesweiter Streik der Bahn (RENFE) gleichzeitig überlappende Streiks der öffentlichen Verkehrsmittel in Madrid und Barcelona. Nahverkehrszüge, die U-Bahnen und die Busse haben einen 24-stündigen Streik begonnen. Aufgerufen haben die verschiedenen Gewerkschaften, zu unterschiedlichen Zeitpunkten, aus unterschiedlichen, höchst ehrenwerten Gründen.

Das Arbeitsministerium hat eine garantierte Mindestversorgung von 73 Prozent der Fern- und Hochgeschwindigkeitszüge, von 75 Prozent bei den Nahverkehrszügen im Raum Madrid zu den Spitzenzeiten und von 65 Prozent bei den Zugverbindungen zwischen Städten verfügt.

Es fällt also im Prinzip nur jeder vierte Zug, jede vierte U-Bahn aus. Das ist ärgerlich und sicher unbequem aber kein Weltuntergang. Ausserdem überlappen sich dabei verschiedene Streiks, die von den verschiedenen Gewerkschaften aus unterschiedlichen Gründen ausgerufen worden waren. So fällt auch ein landesweiter Streik von RENFE, der spanischen Bahngesellschaft, auf dieses Datum.

Das ist spanischer Pragmatismus: Man lege mehrere Streiks auf das selbe Datum und setze die Mindestversorgung hoch an! Dann haben alle Beteiligten ihr Gesicht gewahrt und kommen schon irgendwie klar.

Währe dies kein allgemeines Modell in einer neokonservative Wirtschaft? Man terminiere alle denkbaren und möglichen Streiks verbindlich auf einen einzigen Tag  und lege dann die gesetzlich vorgeschriebene Mindestversorgung auf 75 Prozent, y ya està!

Durch die Akkumulation verschiedener Streiks werden praktisch bereits ausfallende Züge erneut virtuell bestreikt. Darauf muss man erst einmal kommen, liebe Gewerkschaften! Der zuerst festgelegte Streik ist der eigentlich wahre, die draufgesattelten Streiks sind Scheinstreiks ;-)

http://www.huffingtonpost.es/2012/09/16/el-metro-madrid-y-de-barc_n_1887902.html?utm_hp_ref=spain


Rajoys Neocon-Reformen: Spanien ab Sommer ein Sklavenstaat?

12. Februar 2012

Zwei Quartale mit fallenden Gewinnen oder auch nur rückläufigen Verkaufszahlen sollen ab Morgen genügen! Dann kann alles ausgehebelt, außer Kraft gesetzt werden, was Unternehmen zusammen mit Gewerkschaften und Betriebsräten in Jahren mühsam ausgehandelt haben: Löhne, Gehälter, Arbeitszeiten, Arbeitsdauer, Schichtpläne, rein alles!

In manchen Branchen geschieht dies zyklisch, dass Verkäufe steigen und fallen. Manchmal haben Firmen das falsche Produkt am Markt. Manchmal ist  schlicht der Verkaufsleiter eine Pfeiffe. Manchmal sind äußere Umstände, die nichts mit dem Unternehmen zu tun haben, daran schuld, wenn Verkaufszahlen rückläufig sind!

Spanien ist in einer Rezession! Das genügt, um dann in sechs Monaten alles zur Makulatur zu machen, wofür Menschen Jahrzehnte gekämpft haben…

Sollte Rajoy damit Erfolg haben, dann könnten die Gewerkschaften gleich ihre Selbstauflösung ausrufen!