Katalonien: Warum Artur Mas selbst nicht an sein Referendum glaubt!

19. Januar 2014

Unwidersprochen schrieb eine spanische Zeitung, dass der President der Generalitat de Catalunya, „der sehr ehrenwerte Herr“ Artur Mas selbst nicht an sein Referendum glaube und im privaten Rahmen durchaus schon mal verkünde, dass dieses niemals stattfinden werde! Kein Wunder, den ihm wird klar sein:

16% aller Spanier können es nicht als ihr „demokratisches Recht“ einfordern, ein einseitiges Referendum durchzuführen mit dem Ziel den einseitigen Austritt dieser 16% aus der 100% Gesamtheit aller Spanier zu bewirken.

1. Diese 16% haben keine legale, verfassungskonforme Kompetenz, weder für die angestrebte „Teilvolksabstimmung“, noch für die angepeilte Abtrennung der Autonomie Katalonien. Sie betonen aber immer wieder, alles müsse strikt legal im Rahmen der Gesetze erfolgen. Das ist derzeit schlicht nicht möglich! Es erschließt sich jedem Kind, dass 1/6 einer Bevölkerung nicht einseitig über Dinge entscheiden kann, welche die Gesamtheit, also auch die anderen 5/6 der Spanier massiv beinflussen würden.

2. Ein legales Referendum benötigte zuvor eine Verfassungsänderung durch ALLE Spanier, die künftig für ALLE Spanier die gleichen Kompetenzen und Rechte beinhalten müsste. Es müsste sich im Prinzip jeder organische, politische Teil des spanischen Staates vom Rest trennen können, der Letzte macht dann das Licht aus?

3. Verfassungsrechtler glauben, dass bereits die Gewährung der Kompetenz auf die Durchführung eines Referendums zur Frage der katalanischen Unabhängigkeit eine FAKTISCHE ANERKENNUNG auf Selbstbestimmung bedeuten würde.

Dies würde also bereits gegen den Artikel 2 der geltenden Spanischen Verfassung (Einheit des Landes) verstossen und kann deshalb von der spanischen Staatsregierung in Madrid nicht gewährt werden, was die Katalanen genau wissen!

Es gibt ja schon länger als den katalanischen Separatismus, den baskischen Separatismus der seinerzeit sogar zur terroristischen Komponente durch die ETA führte. Die Basken würden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem katalanischen Beispiel folgen.

Jetzt hat aber auch der erste Politiker Andalusiens diesen Ball aufgegriffen und verkündet, „Andalusia ist not Spain!“

Was soll das Ziel dieser Entwicklung sein, was an ihrem Ende stehen? Eine Ansammlung von nicht überlebensfähigen iberischen Zwergstaaten inklusive Portugals und Andorras? Wem würde das wohl Nutzen?


Privatisierung von Staatsgewalt in Spanien: Rajoy und Mas einig!

11. Dezember 2013

Es gibt sie offenbar noch, die neoliberale Einigkeit unter den Protagonisten des Unabhängigkeitsstreits um Katalonien.

Die Kommission für Inneres des Kongresses gab gestern mit den Stimmen der PP, der baskischen PNV und der katalanischen CiU „Grünes Licht“ für ein das Projekt eines Gesetzes der Privaten Sicherheit, dass den legalen Rahmen schaffen soll für private Sicherheitsdienste in öffentlichen Räumen, z.B. Fußgänger- und Einkaufszonen, die auch Personenkontrollen und Festnahmen vornehmen sollen. Aber auch der Betrieb und Wachdienste von Gefängnissen und Abschiebezentren für illegale Ausländer soll privatisiert werden können.

Dies geschehe schon seit geraumer Zeit allerdings OHNE Rechtsgrundlage, na sauber!

Das geplante neue Gesetz soll privaten Sicherheitsdiensten praktisch den gesamten öffentlichen Raum öffnen für jeden Anlass von gesellschaftlicher Relevanz. Das dürfte dann wohl auch für Demonstrationen gelten?

Die Privat-Sheriffs müssen sich ihre Tätigkeit vorab genehmigen lassen und mit den staatlichen Sicherheitsbehörden kooperieren.

Die Parteien der Linken sehen die Sicherheitsfirmen Kompetenzen gewinnen und die Bürger Freiheiten und Rechte verlieren. Die zunächst überraschende Zustimmung von Katalanen und Basken zum neuen Sicherheitsgesetz rühre von der Verlagerung von Kompetenzen, z.B. die Erteilung von Konzessionen, an die Autonomien. Sie haben sich also im Prinzip kaufen lassen!

In diesem Sinne: Es lebe der neoliberale Umbau nach US-Muster der europäischen Gesellschaften passend zur Einführung des gemeinsamen Wirtschaftsraumes mit den USA…mir ist schlecht!


EU der Separatisten: Nach Schottland, Katalonien, Flandern jetzt auch das Elsaß?

12. Dezember 2012

Europa, wie es sich heute darstellt, hat den Grundkonflikt zwischen der Notwendigkeit einiger essentiellen Gemeinsamkeiten, wie das Euro-Dilemma exemplarisch zeigt, und der gewohnten nationalen demokratischen Grundrechte.

Der europäische Rahmen bietet anscheinend eine Art von Überstruktur, die regionale Unahängigkeitsbestrebungen überhaupt erst befördert? Keine Ahnung, ob es sich hierbei um eine spontane, rein opportunistische Chancenauswertung oder gar um ein geplantes und gefördertes Projekt der Auflösung handelt.

Rumpelstilzchen und Barolo in Brüssel betreiben womöglich ein Doppelspiel?
Vordergründig sagen sie den Flamen, Katalanen und Schotten zwar, ihr seid draussen, wenn ihr Spielverderber seid, aber signalisieren gleichzeitig „irgendwie wird es schon weitergehen“. Denn die EU kann ja nicht ein Flickenteppich sein in Europa, wo Mitglieder und Nicht-Mitglieder abwechselnd aneinanderstossen!

Jedenfalls fühlen sich auch Kräfte im Elsaß beflügelt, eine deutschstämmige Autonomie zu betreiben. Das ist historisch nicht völlig ohne Grund, denn diese häufig umstrittene Grenzregion zwischen Deutschland und Frankreich wechselte jahrhundertelang als Beute die „Nationalität“

Der jeweils Stärkere leibte sich das Elsaß ein, so war das! Heute bedeutet dies zum Beispiel, dass auf Grund der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands bei der Ausschreibung von Stellen in diesen beiden französischen Departements „Deutsch“ oft als essentielle Bedingung verlangt wird.
Dabei geben selbst die Betreiber der „Autonomie“ zu, dass höchstens zehn Prozent der Jugendlichen das Elsässische Alemannisch, dem Badischen eng verwandt bis identisch, zu Hause in den Familien sprechen.

Es hat den Anschein, dass hier die günstige Gelegenheit rein opportunistische Separatisten schafft?

Jedenfalls haben die Separatisten ein Modell „Südtirol“ vor Augen, wenn sie sich die Zukunft des Elsaß vorstellen.

An dieser Stelle könnte man eine Wette wagen: „Who’s next?“
Alleine in Frankreich, kämen außer dem Elsaß noch die Normandie, die Bretagne, das Baskenland und Savoyen in Frage für politische Abspaltungsprojekte!

Da sollten wir uns, diesen Trend vor Augen, doch mal die Deutsche Frage stellen:
Baden mit Elsaß und der deutschen Schweiz, Bayern solo, Saarland mit Frankreich, Schleswig-Holstein mit Dänemark, der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt, wenn es darum geht den nationalstaatlichen Strukturen Schaden zuzufügen.

Ein  Europa der Regionen, also ganz ohne nationale Regierungen, wäre zwar eine Verschlankung der politischen Strukturen und viel Reibung durch Profilierungsüchte könnte vermieden werden, aber dies setzte demokratische Strukturen in Brüssel voraus, die es derzeit nicht gibt…

http://www.german-foreign-policy.com/en/fulltext/58349


Spanien: Streik – eine stumpfe Waffe?

23. September 2012

Am Beispiel des Baskenlandes möchte ich – ohne zu sehr ins lokale Detail zu gehen – einige Dinge anmerken, die vielleicht andernorts durch Gewerkschafter bestätigt, einen Trend, eine Tendenz erkennen lassen?

Das Baskenland wird Tag für Tag ein Stück ärmer. Die Menschen verlieren hart erkämpfte soziale Errungenschaften der letzten dreissig Jahre. Die zunehmende Verschärfung der Arbeitskonditionen und die schleichende Verarmung der unteren und mittleren Einkommensschichten haben NICHT mehr Menschen auf die Straße gebracht, das Gegenteil ist der Fall!

Im Vergleich zum Jahr 2010 sanken in 2011 die Anzahl der Streiks um 19,5 Prozent, oder ein Fünftel. Die Anzahl der Teilnehmer an den Streiks halbierte sich (-51,1 Prozent). Die Anzahl der durch Streiks verlorenen Zeit sank gar um 53,2 Prozent. Die gesamten Streiks haben, gemessen durch den verlorenen Zeitanteil am Bruttoinlandsprodukt PIB, etwa 24 Millionen Euro gekostet. Das kratzt weder den Staat noch die Unternehmen!

Es gibt im Baskenland 160.000 Arbeitslose, 500.000 Beschäftigte ohne gültige Tarifvereinbarung und 60.000 Menschen die Sozialhilfe beziehen.

Das genügte nicht, um alle Gewerkschaften vereint und koordiniert handeln zu lassen! Lediglich zu einem Streik konnten die vier großen Gewerkschaften ELA, LAB, sowie CC OO und UGT seit 2009 gemeinsam aufrufen, denn sie dann aber dann am 29. März 2011 in zwei Blöcke getrennt durchführten.

So werden am kommenden Mittwoch wieder ELA und LAB einen Generalstreik im Baskenland und dem angrenzenden Navarra durchführen an dem sich die Gewerkschaften CC OO und UGT nicht beteiligen werden.

Der Generalsekretär der ELA, Adolfo Muñoz sagte, der spanische Ministerpräsident Rajoy wolle nicht nur die die Arbeits- und Sozialrechte zerstören sondern dem Land auch seine neoliberale Ideologie aufzwingen.

Sein Kollege von der LAB, Ainhoa Etxaide findet, dass eine Wirtschaftsdiktatur eingerichtet werden soll, in der eine kleine Elite diktiere und dass die jetzt aufgezwungenen Reformen keinen Ausweg aus der Krise böten, sondern in eine rechtlose Zukunft führen würden.

Kleine Gewerkschaften wie die ESK, Stee-Eilas, EHNE, Hiru, CGT y CNT schlossen sich dem Generalstreik an.

Die Gewerkschaften CC OO und UGT reden indessen über einen Generalstreik im Dezember, möglichst auf europäischer Ebene…

http://ccaa.elpais.com/ccaa/2012/09/22/paisvasco/1348333027_255931.html


Spanien nach dem 20-N-Tsunami!

22. November 2011

Der Wahlsieger Mariano Rajoy kultiviert sein gepflegtes Nichtstun um Gelassenheit und Kontrolle zu kommunizieren. Die Märkte honorieren es nicht. Merkel wird ihren europäischen Parteifreund trotzdem nicht öffentlich zur Ordnung rufen.

Soraya Sáenz de Santamaría soll für die PP die geordnete Übernahme der Macht von der PSOE organisieren. Dieser Übergang soll wegen der Krise sehr gründlich vorbereitet erfolgen. Also nicht so wie bisher, dass der alte Amtsinhaber seine Papiere schreddert, die Schnipsel anzündet und wütend aus dem Amt stürmt! So werden wir am 9. Dezember die pikant-delikate Situation erleben, dass der „abgewählte Loser“ Zapatero Spanien beim nächsten EU-Gipfel vertritt, ferngesteuert aus der Kulisse von seinem Nachfolger Rajoy!

Die PP sieht das Berliner Kanzleramt als Machtzentrum Europas und betont exzellente „enchufes“ zu Merkel, die allerdings nicht von Mariano Rajoy selbst, sondern über Subalterne „in Merkels Umgebung“ führten. Mal sehen, mit wem Álvaro Nadal Belda da in fliessendem Deutsch kontaktet hat, mit Merkels „Grauer Eminenz“ Beate Baumann etwa, in der Kaffeeküche?

Rajoy deutet jedenfalls an, dass er für Spanien eine Vorzugsbehandlung als Musterschüler erwarte, gegenüber denen (Griechen und Ialiener vermutlich?), die ihre Verpflichtungen nicht einhielten. Er will erreichen, dass die Europäische Zentralbank Spanien in den nächsten Wochen „Luft zum atmen“ lässt. Er will einen Deal machen…

Am besorgniserregendsten ist jedoch die Wiedergeburt des politischen Untoten, des Expräsidenten José-María Aznar, der erstmals seit seiner Abwahl vor acht Jahren wieder überall auftaucht, wo mehr als drei Parteigänger der PP zusammenstehen! Da will wohl Einer wieder  etwas werden, fürchte ich? Immerhin war Wahlsieger Rajoy jahrelang  Stiefelputzer dieses neoliberalen Vampirs…

Dabei hat die PP eigentlich mit rund 500.000 Stimmen nicht viel dazugewonnen*. Die katastrophalen Verluste der PSOE, die 4,4 Millionen Stimmen verloren hat, diese Tsunami-Fluten des Protestes, haben Rajoy wie einen alten, galizischen Fischkutter auf den Siegerthron gespült und irgendwie machte er dort jetzt den Eindruck, als ob er es selbst noch nicht recht glauben könne?

Bei der PSOE werden die Messer gewetzt, noch während man sich die Wunden leckt. Der Wahlverlierer Rubalcaba trat alleine vor die TV-Kameras und verlangte unverzüglich einen Sonderparteitag der Sozialisten. Zapatero spielt auf Zeit und kündigte diesen erst für kommenden Februar an. Seine Favoritin als Parteiführerin, die Katalanin und dann Ex-Verteidigungsministerin Carme Chacón hat sich durch die allergrößte Wahlschlappe nicht gerade für die Nachfolge Zapateros empfohlen. Ob er gar glaubt in einem Vierteljahr selbst wieder eine Chance zu haben? Dieses Trio hat die PSOE jedenfalls in ihre schlimmste Krise geführt. Die PSOE ist von der politischen Landkarte Spaniens restlos verschwunden. Das ganze Land ist mit Ausnahme der Autonomien Baskenland und Katalonien in PP-Blau gefärbt und in den Autonomien haben Separatisten gewonnen. Die PSOE gibt es nicht mehr…

Die kleinen Parteien haben ihre Stimmen und Parlamentssitze vervielfacht, zum Teil um über fünfhundert Prozent zugelegt, die satte absolute Mehrheit der PP mit zehn Sitzen „über den Durst“ wird sie schnell vergessen, zum schmückenden, demokratischen Beiwerk machen…

Fazit: Die Zerbröselung, die Individualisierung der politischen Linken, sowie der ausserparlamentarische Protest der Empörten, haben im Ergebnis der Rechten genutzt, die monolithisch mit der Minimalforderung des Regierungswechsels antrat und die ihre Risse und Sollbruchstellen wohl erst jetzt nach der Wahl zeigen wird?

Die Autonomien Baskenland und Katalonien wurden vom Wähler in ihren Unabhängigkeitsbestrebungen bestärkt. Sie verbindet weniger denn je mit dem spanischen Zentralstaat in Madrid. Die Kräfte, die an Spanien zerren, werden stärker…

 

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*Zahlen zur Wahl. In Klammern die Werte von 2008:

PP = 10,8 Mio Stimmen, das entspricht 44,62% (10,3 Mio / 39,94%)
PSOE = 6,9 Mio Stimmen, das entspricht 28,73% (11,3 Mio / 43,87%)
Wahlberechtigte, ca. 35 Millionen.
Wahlbeteiligung 71,69% (73,85%)
Nichtwähler, 28,31 % (26,15%)
Ungültige Stimmen 1,29 % (0,64%)
„Blankos“ 1,37% (1,11%)

 

 


Que mierda: 20-N-Tsunami in Spanien eingeschlagen!

21. November 2011

Es kam letztlich nicht überraschend, alle Umfragen hatten das Ergebnis vorausgesagt, aber die brutale Klatsche für die bis Gestern regierende PSOE war doch ein Schock: 110 (-59) Sitze für die PSOE und 186 (+32) für die PP und damit 10 Sitze über die absolute Mehrheit! Die zum Teil großen Erfolge der kleinen Parteien gehen dagegen förmlich unter. Die katalanische CiU – früher zu Jordi Pujols Zeiten trotz separatistischer Rhetorik oft das Zünglein an der Waage in Madrid, ist zum Beispiel drittstärkste Kraft (16 Sitze, das sind +60%) in Madrid geworden, nur um festzustellen, dort diesmal nicht gebraucht zu werden!

Was folgt aus diesem historischen Wahlergebnis? Man muss kein Prophet sein um aus dieser Gemengelage Folgendes abzuleiten:

– Die PP kann bequem durchregieren, die Kleinen werden nicht gebraucht!
– Die in ihren Autonomien erfolgreichen, aber in Madrid überflüssigen, baskischen und katalanischen Nationalisten werden ihre separatistischen Tendenzen  intensivieren und die Zentrifugalkräfte, die am spanischen Zentralstaat zerren, werden an Stärke zunehmen.
– Die Anti-Krisen-Maßnahmen der Streichungen und Einsparungen werden heftiger ausfallen, als es die PSOE je durchzusetzen vermocht hätte, denn die Wähler haben der PP, die es im ganzen Wahlkampf konsequent vermied konkrete Pläne und Absichten zu nennen, einen Blankoscheck unterzeichnet, sich ganz in die Hände dieser Konservativen begeben.
– Die Empörten werden unter diesen Umständen weiteren Zulauf bekommen, die Bewegung wird sich radikalisieren.
– Der neue Ministerpräsident Rajoy wird in diesen Krisenzeiten weder von den Märkten, noch der EU, noch von Merkel eine Einarbeitungszeit konzediert bekommen. Eine unerfahrene Mannschaft wird mit krassen Entscheidungen konfrontiert werden.

Schwere Zeiten für das spanische Volk…