Gesetzesantrag über „Gt*“ wird in Französischer Nationalversammlung debattiert.

Seit Gestern, Dienstag dem 17. November, wird der komplexe Gesetzesvorschlag* in allen Aspekten diskutiert.
Er wurde von der Mehrheitspartei LREM und deren Partner AGIR eingebracht und sieht zahlreiche Änderungen des „status quo“ vor.
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(Der Gesetzesvorschlag Gt* trägt den Namen „Globale Sicherheit“. Da WORDPRESS mir diesen Namen nicht gestattet sondern automatisch zensiert, habe ich nur den ersten und letzten Buchstaben verwendet, was dann einwandfrei ging…)
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So würde nach Artikel 24 die Pressefreiheit erstmals seit 1881 eingeschränkt: Wer künftig das Gesicht oder jegliches andere Element der Identifizierung eines Polizisten oder Gendarmen veröffentlicht, der würde mit diesem Gesetz zu einem Jahr Gefängnis und 45.000 € Geldstrafe verurteilt, weil er dessen physische oder psychische Integrität gefährdet!

Im Moment ist auf Grundlage einer Verordnung von 2008 das Gegenteil der Fall: Die Polizei darf sich nicht gegen ihr Filmen und deren Veröffentlichung in der Öffentlichkeit stellen. Damit wurden praktisch alle polizeilichen Übergriffe, sprich Polizeigewalt, veröffentlicht. Damit wäre dann Schluß. Öffentliche Bilder von Polizeigewalt hatten den Gelbwesten-Protesten zu Beginn zusätzlichen Auftrieb gegeben.

Nun beeilte sich Innenminister Gérald Darmanin zu versichern, daß man die Polizei natürlich jederzeit filmen dürfe, nur die Filme veröffentlichen dürfen man nicht, AUSSER man liefere sie an Verwaltungs- und Justizbehörden zur Untersuchung von Übergriffen Seitens der Uniformierten. Gelangen die Bilder dann aber trotzdem in Medien und Öffentlichkeit ist der Kameramann dran, geht in den Knast und muß obendrein noch blechen…

Es soll erstmals eine städtische Polizei in Paris geben, zusätzlich zu nationalen Polizei und Gendarmerie.

Artikel 22 listet die zahlreichen Möglichkeiten von Luftaufnahmen auf, die es künftig geben darf und soll, erstellt mit Flugzeugen, Helicoptern und Drohnen. Aber, ganz ruhig, die gefilmten Menschen seien von den Aufnahmen zu unterrichten, es sei denn, dies stünde im Widerspruch zum eigentlichen Zweck, oder Ziel der Aufnahmen???

Bodycams, möglichst an der Brust eines jeden Polizisten, sollen natürlich auch unbedingt erlaubt sein, damit ein jeder, der mit der Polizei interagiere, sicher sein kann, daß er dabei gefilmt würde. Der filmende Polizist darf sie zwar selbst nicht unmittelbar benutzen, aber dafür in Echtzeit weiterleiten an übergeordnete Behörden zur Identifikation, z.B. von Flüchtenden.

Dann beschäftigt man sich mit der öffentlichen Sicherheit bei sportlichen Großereignissen wie der Rugby-WM 2023 und der Olympiade PARIS 2024.

Wer ist nun GEGEN diese geplanten Maßnahmen und WARUM?
Da sind die Journalistengewerkschaften, -organisationen und-verbände, aber auch die Liga der Menschenrechte, 40 Organisationen, 800 Filmende haben am 11. November in der LIBÉRATION protestiert. Auch Reporter ohne Grenzen (RSF) und Amnesty International (AI) äusserten ihre Sorgen.
Gestern, zu Beginn der parlamentarischen Debatte, wurde in Paris auf der Straße gegen die Pläne demonstriert:
„Künftig könne jeder filmende Journalist sofort von der Polizei vom Ort des Geschehens entfernt und arrestiert werden, sein Material gesichtet und er vor ein Tribunal geschleppt, das seine Bilder (und Absichten?) bewerte!“

Im Parlament gab es im Links/Rechts-Schema die zu erwartende Differenzierung:

LFI (ganz Links) : Hier wird die legale Basis künftiger Regierungspropaganda geschaffen!
PS (Links) Es gibt Rote Linien, die nicht überschritten werden dürften. Selbst Nicolas Sarkozy ist nie so weit gegangen!
EELV (Grüne) Verlangte den Text zurückzuweisen!
LREM (Macron-Partei) Es ginge hier nur darum, DIE zu schützen, die UNS schützten!
Die Republikaner (Rechte) und die Nationale Sammlungsbewegung (RN) (Ultra-Rechte) der Marine Le Pen könnten zu Macrons Verbündeten werden?
(Würde es jetzt hier zu einer solchen Koalition kommen, dann hätte Macron bei der Präsidentenwahl in eineinhalb Jahren wohl arge Probleme sich von seiner vermutlich härtesten Gegnerin Le Pen zu differenzieren?)

Dieser Gesetzesentwurf wird noch bis Freitag in der Nationalversammlung diskutiert. 1.300 (!) Änderungsvorschläge seien aus allen politischen Gruppen und Parteien dazu eingegangen.

Aber es muss ganz schnell gehen: So wird es in der Nationalversammlung und im Senat nur jeweils EINE Lesung der geplanten Gesetzes geben…



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https://www.francetvinfo.fr/politique/proposition-de-loi-sur-la-securite-globale/securite-globale-l-article-a-lire-pour-comprendre-la-proposition-de-loi_4183579.html#xtor=EPR-51-%5Bsecurite-globale-l-article-a-lire-pour-comprendre-cette-proposition-de-loi-controversee-actuellement-en-debat-a-l-assemblee_4183579%5D-20201118-%5Bbouton%5D

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_politischen_Parteien_in_Frankreich

4 Responses to Gesetzesantrag über „Gt*“ wird in Französischer Nationalversammlung debattiert.

  1. almabu sagt:

    Es soll bei der Demonstration vor der Volksversammlung von Seiten der Polizei schon zu Aktionen gegen Journalisten gekommen sein, die den künftigen Gesetzen zuvorkamen.

    Sie wurden wie Störenfriede körperlich zurückgewiesen, durften ihrer Arbeit nicht nachkommen, obwohl sie als Journalisten erkennbar waren.

    Sie wurden teilweise geschlagen und es gab mehrere Arrestierungen von Journalisten, Pressefreiheit halt auf französisch…

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  2. almabu sagt:

    Hat Macrons Regierung verstanden, was beim Gesetzesentwturf „sécurité globale“ fehlt? Es sieht fast so aus, denn:

    Nach einem Treffen von Innenminister Gérald Darmanin und Premierminister Jean Castex soll nun in einem Zusatz des heftig kritisierten Artikels 24 die „Freiheit der Presse“ explizit garantiert werden! Gleichzeitig soll aber auch der angestrebte bessere Schutz von Polizei- und Sicherheitskräften verwirklicht werden. Jean Castex sieht sich dabei als eine Art von Schiedsrichter zwischen den existierenden Interessengegensätzen.

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  3. almabu sagt:

    Nach dem vorgelegten Gesetzesentwurf hätte es am 18. Juli 2018 z.B. den Skandal um den als Zivilist Demonstranten verprügelnden Macron-Kumpel und Sicherheitschef Alexandre Benalla auf der Place de la Contrescarpe einfach nicht gegeben, weil nicht aufgezeichnet…

    https://en.wikipedia.org/wiki/Benalla_affair

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