Griechenland, Türkei, EU, NATO, USA, UK, Russland…

Der Schlamassel im östlichen Mittelmeer zieht sich immer mehr in die Länge. Ein EU-Beitrittskandidat und NATO-Mitglied, die Türkei, bestreitet einem EU- und NATO-Mitglied- und Nachbarstaat, Griechenland Teile dessen Territorien bzw. deren Nutzungsrechte. Dabei haben sich aus den unterschiedlichsten Gründen noch andere EU- und NATO-Staaten wie Italien vor allem aber Frankreich direkt eingemischt. Dazu kommen dann noch (mindestens!) die Nur-NATO Staaten UK und die USA. Dahinter dürfte noch Russland Interessen in dieser Gegend der Welt verfolgen?

Da sind also kommerzielle und territoriale Interessen der Anrainerstaaten. Dazu kommen (theoretisch!) übergeordnete Interessen der EU und der NATO. Dann sind da noch die globalen Interessen der USA, des UK und natürlich Russlands. Ob im Hintergrund auch China eine Rolle spielt?

Es geht um bereits gefundene und zusätzlich vermutete Erdgasbestände, die alle Seiten entweder besitzen oder zumindest kontrollieren möchten.

Erdogan fährt mit seiner Marine in griechischem und zypriotischen Seegebiet herum und beschützt ein illegal Gas suchendes türkisches Forschungsschiff, die „Oruc Reis“*, das mittlerweile wieder das türkische Antalya angelaufen hat.

Die Griechen schimpfen, wollen aber keine militärische Auseinandersetzung mit der Türkei. Die Franzosen schicken symbolisch eine aus zwei Rafale-Jets bestehende Luftstreitmacht nach Zypern. Die Briten, sowieso auf Zypern stationiert, halten den Ball flach und schweigen.

Die NATO ist derweil mit griechischen(!), türkischen(!), französischen, italienischen, deutschen(?) und natürlich US-Kriegschiffen im östlichen Mittelmeerraum unterwegs. Wegen ihrer Beteiligung im Krieg in Syrien und ihres daraus resultierenden Marinestützpunktes Latakia sind auch die Russen vor Ort. Die meisten anwesenden NATO-Mitglieder sind zumindest symbolisch auf griechischer Seite. Die USA hingegen machen anscheinend Marinemanöver mit den Türken? Zumindest gibt es auf den 26.08.2020 datierte Fotos des US-Zerstörers „Winston C. Churchill“ (der auch US-Bürger war) im Netz, Seite an Seite mit der türkischen Fregatte TCG „Barbaros“.

Aber es kommt gelegentlich auch vor der libyschen Küste zu irritierenden Zusammenstößen zwischen türkischer und französischer Marine, denn die Türkei mischt inzwischen im ehemals französisch-italienischen Einflussgebiet aus Kolonialzeiten Libyen eifrig mit und fördert dort unkontrolliert die Aufrüstung. Die Türkei soll vor der libyschen Küste aber auch auf dem Festland nach Erdgas und -öl suchen wollen und verhandele darüber bereits mit der libyschen Regierung. Beide Staaten haben mal eben die neuen Seegrenzen im östlichen Mittelmeer neu ausgehandelt, die restlichen Anrainer durften zusehen und haben dies aus den Medien erfahren. Wie rechtsgültig sind eigentlich solche bilateralen Verträge nach internationalem Recht, wenn andere Staaten davon direkt betroffen sind?

Hat die EU in diesem Konflikt eigentlich eine gemeinsame Haltung?
Zumindest Macron hat auf Korsika ein Treffen von 7 tangierten EU-Staaten abgehalten, nämlich Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Malta, Griechenland und Zypern…
Griechenlands Regierung verkündet die Aufrüstung durch einen NATIONALEN Schild und bestellt sogleich 18 Rafale-Jets bei Frankreich und 4 neue Fregatten (von wem?) und modernisiert 4 alte Fregatten aus deutscher Produktion. Dazu Flugabwehr, Torpedos und viel, viel Munition! Wieviel Milliarden € steckt das hochverschuldete Griechenland jetzt in NATIONALE Aufrüstung?

Weder NATO noch EU scheinen hier noch eine Rolle zu spielen?
Können NATO und EU bei einem Streit zwischen Mitgliedern nicht helfen?

Zumindest die EU wird es versuchen und am 24. und 25. September einen EU-Gipfel zum Thema abhalten.

Was sagen die Frauen von der Leyen und Merkel, was Herr Michel dazu? Wie lange will die EU eigentlich noch versuchen Erdogan mit einem EU-Beitritt zu locken? Das hat bisher in keinem Falle funktioniert und meine Phantasie reicht nicht dazu aus, mir die dazu benötigte Einstimmigkeit der EU-Staaten für einen Beitritt der Türkei vorzustellen, z.B. die von Malta, von Zypern, von Griechenland, von Italien und von Frankreich?

Hat die NATO eine gemeinsame Haltung? Was sagt deren Generalsekretär Rasmussen? „Ja, aber…?“

Was sagen die USA bzw. Trump?

Was sagen die Russen bzw. Putin? „Net?“

Macron und Erdogan beschimpfen, provozieren und belehren sich derweil weiter gegenseitig über die Medien mit post-pupertärem Infantilismus, wie auf dem Schulhof…

Durch die Menge der Beteiligten und die Vielzahl der oft konträren Interessen eine potentiell gefährliche Ausgangslage für einen größeren Konflikt, der aus dem Ruder laufen könnte…
______
*(Das Schiff trägt den Namen eines lokalen osmanischen Regenten in Nordafrika, das Jahrhunderte lang zum Osmanischen Reich gehörte, bis es den Osmanen von Frankreich und Italien abgenommen wurde.
https://en.wikipedia.org/wiki/Oru%C3%A7_Reis)

20 Responses to Griechenland, Türkei, EU, NATO, USA, UK, Russland…

  1. almabu sagt:

    https://www.welt.de/finanzen/article215733370/Allzeittief-Ratingagentur-Moody-s-stuft-Tuerkei-auf-B2-zurueck.html

    Bei der Motivation von Recep Tayyip Erdoğan könnte die wirtschaftliche Lage der Türkei eine Rolle spielen und der Versuch durch Ablenkung auf äußere Feinde und die mögliche Entdeckung von Untersee-Energie-Schätzen eine Rolle spielen?

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  2. almabu sagt:

    HIER EINMAL DIE TÜRKISCHE SICHT DER LAGE IM ÖSTLICHEN MITTELMEER

    Der türkische Aussenminister telefonierte mit seinem US-Kollegen:
    Mevlut Cavusoglu und Mike Pompeo diskutierten über Nord-Zypern, die Turkish Republic of Northern Cyprus, (TRNC) und das östliche Mittelmeergebiet.

    Pompeo besuchte am Wochende das griechische Zypern, nachdem das US-Waffenembargo für dieses Land aufgehoben worden war.

    Die Türkei verurteilte beide Maßnahmen. Sie sagte, daß Pompeo auch das türkische Nord-Zypern hätte besuchen müssen und daß die Aufhebung des Waffenembargos die Spannungen in der Region erhöht hätten.

    Diese seien in letzter Zeit durch die Frage der Suche nach Energiereserven im östlichen Mittelmeer gestiegen. Griechenland habe die Suche der Türkei in der Region in Frage gestellt, indem es kleine griechische Inseln vor der türkischen Küste dazu benutzen wollten, das türkische Seegebiet einzuschnüren.

    Die Türkei, das Land mit der längsten Küstenlinie des Mittelmeeres, hätte Bohrschiffe zur Suche nach submarinen Energiereserven auf ihre Kontinentalplatte ausgeschickt und argumentiert, daß beide, die Türkei UND die Türkische Republik von Nord-Zypern (TRNC) eigene Rechte in diesem Gebiet besäßen.

    Um die Spannungen zu senken hat die Türkei den Dialog gefordert um die faire Verteilung der Resourcen in diesem Gebiet zu garantieren.

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  3. almabu sagt:

    Interessant ist, daß beide juristischen Beiträge (oben) die türkische Position differenzierter sehen als das deutsche Aussenministerium, also die Bundesregierung.

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  4. Antonio Levando sagt:

    So viele Fehler habe ich in keinem der Blog von dem Author gelesen wie hier.

    1. Das Schiff heißt “ Oruc Reis“
    2. Derzeitige NATO Generalsekretär heißt nicht Rasmussen sondern Stoltenberg.
    3.Das die Türkei mit der EU Mitgliedschaft ans Europa anzubinden Funktioniert nicht mehr, da bereits das Sinkende Schiffe die ersten Ratten verlassen. Erdogan hat keine Interesse mehr an eine Mitgliedschaft, es wird sich in die eigens gegründete Vereinigung von Staaten einsetzen.
    4. Griechenland ist kein Inselstaat so das dessen viele Inseln EEZ beanspruchen könnten. Daher haben kleine Inseln nur eine See Hoheitsrecht von 6 See Meilen.
    5. Die von der Türkei als eigenes EEZ deklariertes See, ist mit dem internationalen Seerecht konform.
    6. Entdeckung von Gas vorkommen in der Schwarzmeer dessen gas wird 2023 Gefördert und zu nutzen. (Vorläufig 320 Mrd. aber laut neuen test über 6 Billionen handelt.
    7. Militärisch ist die Türkei inzwischen zu 80% unabhängig von Rüstungsgüter, da Sie inzwischen 8 Rüstungsunternehmen in den Top 100 Rüstungsunternehmen hat. Das Ziel ist bis 2023 90%.
    8. Die Türkei ist jetzt schon ein Regionalmacht und 2040 wird sie ihren Platz in der Club der Nuklearen Supermächte einnehmen.
    9. Die Türkei ist der 13. grösste Ökonomie der Welt und G20 Mitglied.
    10. Frankreich hoch verschuldet wird Deutschland mit in Abgrund ziehen, wenn dieser nicht vorher mit DEXIT sich von EU abseilt.

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  5. almabu sagt:

    https://www.reuters.com/article/russia-turkey-syria-libya-int-idUSKBN26532X

    Die Türkei ist nicht nur mit EU- und NATO-Staaten im Clinch sondern auch mit Russland. Wenigstens redet man miteinander…

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    • Antonio Levando sagt:

      Die EU und Deutschland ist mit folgenden Ländern in Clinch; USA, England, Russland, Weißrussland, China und last but not least der neue Regional-macht die Türkei.

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      • almabu sagt:

        Deutschland ist mit niemand im Clinch, wir haben doch alle lieb!

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        • Antonio Levando sagt:

          Dann lies mal die Geheimdienstliche Berichte der Deutschen, wo Sie unerlaubt Waffen Liefern und USA mit ihren Export über Tisch ziehen und das Gefällt Trump schon zweimal nicht.

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        • almabu sagt:

          Die geheimdienstlichen Berichte bekomme ich doch nicht zum Lesen, das ist doch verboten! Kleinwaffen, die um die Ecke schiessen zum Beispiel, die liefern wir nach Mittel- und Südamerika. Die Türkei baut die seit Jahren (mit deutscher Lizenz, vermutlich?) selber. Ich habe in meinem Leben noch nie erlebt, daß Deutschland die USA über den Tisch zieht, denn siehe oben, das ist doch verboten! Wenn Trump auf’s Klo geht, dann weiss er noch nicht, was ihm hinterher nicht gefällt. Der Mann soll ja sehr spontan sein…

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      • almabu sagt:

        Hat „die neue Regionalmacht“ eigentlich ein Nachbarland, mit dem sie nicht im Clinch ist? Mir fällt grad‘ kein’s ein?

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        • Antonio Levando sagt:

          Regionalmächte werden Geboren und andere müssen Leiden. Das ist die Geburtsstunde der Supermacht Anwärter. Schauen Sie zb; wie Spanien geboren wurde, darunter litten viele Juden die bestialisch unter dem Kreuz ermordet wurden, viele davon hat die damalige Osmanische Imperium hunderttausende Juden als Flüchtling aufgenommen und Sie vor dem sicheren Tod bewahrt. Wie haben sich die Juden bedankt, in dem Sie mit Ihren Mörder der Westen gegen ihrere Retter gearbeitet. Deshalb sollte die neue Türkei daraus lernen und niemanden Helfen.

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  6. almabu sagt:

    Wie lange, wieviel Jahrhunderte hat es das letzte Mal gedauert, bis die Osmanen ihr Reich ums östliche und südliche Mittelmeer errichtet hatten und als sie dann über den Balkan nach Europa griffen, wurden sie von den Österreichern fertig gemacht und haben in Wien nur den Kaffee (ein sagenhaft gutes Getränk, danke!) hinterlassen…

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  7. almabu sagt:

    Jetzt gibt es also auch noch Stress zwischen der Türkei und der Türkischen Republik von Nord-Zypern, also mit dem einzigen Land dieser Welt, daß diese Republik überhaupt anerkennt?

    Dafür erkennt die Türkei die Republik Cypern (EU-Mitglied und alles Griechen!) nicht an, als einziges Land der Welt.

    Einem eventuellen türkischen EU-Beitritt, über den seit 2005 geredet wird, müssten diese griechischen Zyprioten ebenso zustimmen wie Griechenland, Malta, Italien, Frankreich, Spanien, Portugal und Österreich und Ungarn nicht zu vergessen, die sich geschichtlich mit dem Osmanischen Imperium befassen mussten!

    Im Oktober sind Wahlen in der Türkischen Republik Nord-Zypern und Akinci scheint sich durch Distanz zu Ankara Vorteile zu versprechen, denn anscheinend stehen nicht alle Inseltürken hinter Erdogan?

    Cyprus remains divided between the Turkish Republic of Northern Cyprus, which only Turkey recognizes, and the Greek Cypriot-dominated Republic of Cyprus (an EU member), which Turkey refuses to recognize.

    Of course, the dispute works for both Turkish leaders and Akinci.

    Read more: https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/09/turkey-east-mediterranean-standoff-turkish-cypriots-election.html#ixzz6YHQDwsfH

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  8. almabu sagt:

    Haben die Mittelmeer-Anwohner jetzt genug und wollen die Türken bald nicht mehr mitspielen lassen?

    Egyptian Minister of Petroleum and Mineral Resources Tarek el-Mulla and the ministers of the Eastern Mediterranean Gas Forum — which includes Egypt, Jordan, Israel, Cyprus, Greece, Italy, as well as the Palestinian Authority — signed Sept. 22 the charter to transform the forum into a regional organization based in Cairo, with the aim of formulating a common vision on natural gas policies in the region, and confronting any projects that are contrary to the objectives of the organization or conflict with the interests of its members.

    Read more: https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/09/egypt-international-gas-forum-turkey-eastern-mediterranean.html#ixzz6ZgPiW7CA

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