Ein zerrissenes Frankreich wählt einen Präsidenten!

Selbst wenn es am Ende des Tages das von den Medien prognostizierte 60 % : 40% pro-Macron-Ergebnis geben sollte wird danach wohl keine Ruhe einkehren. Frankreich wird aller Wahrscheinlichkeit ein in nahezu zwei Hälften zerissenes Land bleiben und erst die Parlamentswahlen im Juni werden vielleicht ein wenig Klarheit in das politische Bild bringen?

Aber die Situation in Frankreich spiegelt vielleicht ein bißchen die allgemeine Lage in Europa, angefangen vom BREXIT-UK über Frankreich bis hin ins Merkel-Deutschland?

Frankreichs Wähler sind gespalten in Stadt und Land, in Jung und Alt und in Arm und Reich. Die alten, reichen Städter wählen Macron. Die jungen, armen Franzosen aus den ländlichen und peripheren, de-industrialisierten Räumen wählen Le Pen, sofern sie keine Muslime sind. Sie tun es weniger aus Überzeugung, als aus Protest und weil sie glauben nichts zu verlieren zu haben? Große Religionsgemeinschaften, die Muslime, Juden und Protestanten haben ihre Gläubigen zur Wahl Macrons aufgerufen. Nicht so die Katholische Kirche in Frankreich, die mit dem Verweis auf den Laizismus diese Entscheidung ihren Gläubigen überlässt. Le Pen nennt dies eine indirekte Zustimmung der Kirche und sogar des Papstes für ihr Lager!

Auf einer Karte der Wahlergebnisse ist das Land senkrecht ungefähr in der Mitte in zwei nahezu gleichgroße Hälften geteilt, unterbrochen von nur wenigen Inseln der Gegenpartei. Der Osten wählte Le Pen und der Westen Macron. Le Pen wurde in den Großstädten mit einstelligen Ergebnissen marginalisiert und bekam gleichzeitig in ländlichen oder de-industrialisierten Gegenden über 30%.

Ähnliches wurde bei der Analyse des BREXIT im UK sichtbar. Man wird solche Statistiken wohl auch im September in Deutschland erwarten müssen? Gesellschaften zerfallen, entsolidarisieren sich, eine konsequente Folge der zunehmend neoliberalen Politik ihrer Regierungen. Was wird der nächste Schritt sein, etwa Bürgerkriege?

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http://www.elmundo.es/internacional/2017/05/07/590e018e268e3ed73a8b459c.html

http://www.elmundo.es/internacional/2017/05/07/590df0b9268e3eaa3c8b45a0.html

http://www.elmundo.es/internacional/2017/05/07/590e03eee5fdea60048b45ac.html

7 Responses to Ein zerrissenes Frankreich wählt einen Präsidenten!

  1. […] über Ein zerrissenes Frankreich wählt einen Präsidenten! — almabus blog […]

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  2. almabu sagt:

    Um 12 Uhr gab es mit 28,23% die zweitniedrigste Wahlbeteiligung seit 1981, seit 36 Jahren oder 7 Präsidentenwahlen. Die bisher niedrigste hatte 2002 mit 26,1% der Vater von Marine Le Pen, Jean-Marie Le Pen gegen Jaques Chirac eingefahren…

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  3. almabu sagt:

    Unangenehme Überraschungen erlebten manche Wähler im Ersten Wahlgang. Sie waren ohne ersichtlichen Grund aus den Wählerlisten gestrichen worden. Dies war z.B. in Strasbourg in 16.000 Fällen, in Le Havre in 5.000 Fällen und in Clichy in 3.000 Fällen geschehen. Dagegen kann vor Eil-Gerichten vorgegangen werden, die den Fall prüfen und im positiven Fall eine Wahl noch heute erlauben.

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  4. almabu sagt:

    Um 17 Uhr war die Wahlbeteiligung mit 65,3% auf dem tiefsten Stand seit 1981, seit 36 Jahren und 7 Präsidentschaftswahlen!

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  5. Jakobiner sagt:

    Wofür steht Macron? Abgesehen davon, dass die Aussagen des „unabhängigen“ Kandidaten sehr sprunghaft und plakativ sind, fällt ein Missverhältnis zwischen seinem französischen und seinem europäischen Ehrgeiz auf. Macron ist sehr zurückhaltend, was die inneren Reformen Frankreich betrifft. Seine Kürzungsvorschläge im übermächtigen Öffentlichen Dienst zeugen von wenig Konfliktbereitschaft. Das Renteneintrittsalter von 62 Jahren soll beibehalten werden. Auch bei der Reduzierung von Staatsdefizit und Staatsschulden unterscheidet er sich kaum von der Politik Hollandes seit 2014.

    Diese Zurückhaltung im Inneren wird durch sehr weitgehende „Europäisierungen“ kontrastiert. Gleich im ersten Punkt von Macrons Wahlmanifest heißt es: „Um viel mehr als heute investieren zu können, wollen wir ein Eurozonen-Budget“, das von einem Parlament der Eurozone beschlossen und von einem Wirtschafts- und Finanzminister der Eurozone umgesetzt wird.“ Macron schlägt gemeinsame Anleihen aller Euro-Länder (Eurobonds) vor, die Vollendung der sog. „Bankenunion“ durch eine gemeinsame Einlagensicherung, sowie eine gemeinsame EU-Arbeitslosenversicherung. Lauter Vergemeinschaftungen also. Würden sie verwirklicht, würde die EU definitiv zur Transferunion. Der Euro-Liberale entpuppt sich als Euro-Sozialist.

    Hans-Werner Sinn hat in einem Beitrag für die FAZ (16.3.2017) genau auf dies Missverhältnis zwischen innerer und äußerer Krisenbewältigung hingewiesen:

    „Macron schlägt den Franzosen ein Programm vor, das ihnen selbst Entbehrungen erspart, und sucht stattdessen mit Deutschland den Schulterschluss für ein gemeinsames Eurobudget, Eurobonds, eine gemeinsame Einlagensicherung und eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung.“

    Sinn macht darauf aufmerksam, dass durch den Brexit der bisherige „D-Mark-Block“ (Deutschland, Großbritannien, Niederlande, Österreich, Finnland) kleiner wird und nicht mehr die Sperrminorität von 35 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung (nach dem Lissabon-Vertrag) erreicht. Dieser Block habe bisher einen gewissen Schutz gegen stabilitätsgefährdende Beschlüsse dargestellt. Dieser Schutz fehlt bald.

    Es geht also nicht darum, der Person Macron eine dämonische Kraft anzudichten. Sein Programm könnte Wirklichkeit werden, weil er im Rahmen einer neuen EU-Konstellation an die Macht kommen würde. Hier gibt es gewissermaßen einen „natürlichen Tendenz“, die neuen Mehrheitsverhältnisse zu nutzen, und dafür wächst Frankreich die Schlüssel- und Führungsrolle zu.

    Genau an dieser Stelle passt dann die Figur des jung-dynamischen Retters Macron besonders gut. Für eine Vergemeinschaftung der Defizite ist ein Politiker, der das Image des Liberalen hat und daher unter keinem Links-Verdacht steht, die Idealbesetzung. Das ist die gefährliche Seite dieser uns so freundlich zuwinkenden Kandidatur: Sie enthält einen Keim zur Erpressung – frei nach dem Motto „Ihr werdet den von Euch so geliebten jung-dynamischen Macron doch nicht im Regen stehen lassen. Ihr müsst ihm Erfolge zugestehen.“ Mit einem Macron-Frankreich wird die Gefahr einer Achsenverschiebung der EU real – weil sie im „liberalen“ Gewand daherkommt.

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  6. almabu sagt:

    Die ersten Hochrechnungen um 20 Uhr sahen Macron mit 65,1% gegen 34,9% für Le Pen klar zum Präsidenten gewählt!

    Es soll über 25,3% Nichtwähler gehabt haben, was die niedrigste Wahlbeteiligung bei Präsidentschaftswahlen seit 1969 Jahren bedeuten würde?

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  7. almabu sagt:

    Grob gesagt haben zwei von drei Franzosen Macron, der Dritte Le Pen gewählt. Für Le Pen durchaus ein Erfolg und es muss wohl befürchtet werden, daß die FN Spuren in der französischen Politik hinterlassen wird?

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